Man spürt überall die Überfälligkeit, diesen Film DER HIMMEL WIRD WARTEN zu drehen. Woher kam der Anstoß?
Der Film kam sehr spontan, wie eine Eingebung. Ich hatte ein anderes Drehbuch geschrieben und war bereits dabei zu casten. Eines Tages las ich einen Artikel über einen Bruder, der nach Syrien gereist ist, um seine Schwester zu suchen. Die Geschichte berührte mich. Ich behielt den Artikel in meiner Tasche. Emilie Frèche, die ich beim Kinostart von DIE SCHÜLER DER MADAME ANNE kennenlernte, postete eines Tages einen Artikel auf Instagram über einen Vater, der seine nach Syrien aufgebrochene Tochter suchte. Wir telefonierten und sprachen über die Idee, auf dieser Geschichte basierend, gemeinsam zu schreiben. Ich traf mich auch mit mehreren Journalisten, die dieses Thema behandeln und habe auch den Bruder getroffen, der seine Schwester suchte. Er war der erste, der mir von Dounia Bouzar erzählte. Er fand in ihr jemanden, der zuhört, eine Unterstützung in diesem Ozean der Einsamkeit, in den er und seine Familie gestürzt waren. Ihr Name fiel häufig im Laufe meiner Gespräche. Dann kontaktierte ich sie. Zunächst zögerte sie, doch dann akzeptierte sie, dass ich mit ihrem Team durch ganz Frankreich reiste, überall dorthin, wo die Radikalisierung nach ihr ruft. Ich lernte die Realität kennen und den Prozess der Vereinnahmung. Aber vor allem bekamen die Geschichten aus dem Internet plötzlich Gesichter. Ich sah die mögliche Hoffnung, die in den Sitzungen der Entradikalisierung entsteht. Da legte ich den Film, an dem ich arbeitete, beiseite, begann gemeinsam mit Emilie zu schreiben und ging die Finanzierung an. Das konnte einfach nicht warten.
Der Dreh begann am Montag, den 16. November 2015.
Ein furchtbarer Zufall des Kalenders. Ich habe das ganze Wochenende damit verbracht, darüber nachzudenken, ob ich nicht alles absagen sollte. Wir waren allesamt komplett erschüttert, diesen Film zu machen, der versucht die Intimität von zwei jungen Mädchen zu erforschen, die zum Fanatismus übergehen, in dem Moment, in dem Frankreich erneut in seinem Herzen getroffen wurde. Verstehen hat nichts mit entschuldigen zu tun. Aber es wurde für mich noch dringlicher, zu versuchen zu verstehen.
Sie haben sehr viel recherchiert, bevor Sie das erste Wort des Drehbuchs geschrieben haben.
Ja. Denn, um auch nur einen Satz über dieses Thema zu schreiben, musste ich von der Realität ausgehen. Mein Film ist eine Fiktion, aber alle Figuren – Erwachsene und Jugendliche zugleich – reflektieren die Personen, die ich getroffen und denen ich zugehört habe. Die beiden Protagonistinnen vereinen mehrere junge Mädchen. Ich habe mir auch stundenlang Propagandavideos angeschaut. Manche mit einer absoluten Gewalt – unerträglich. Es war notwendig, damit ich die Kraft des Einflusses, den die Anwerber auf diese jungen Mädchen haben, verstehen konnte. Rational ist es unmöglich zu verstehen, wie man über ein Video „lachen“ kann, in dem Dschihadisten mit abgetrennten Köpfen Fußball spielen. Aber dennoch ist das einigen passiert. Das zeigt, wie groß die Distanz zwischen Kopf und Herz geworden ist.
Warum Dounia Bouzar? Auch andere Menschen setzen sich mit dem Thema auseinander.
Sicher, aber sie ist die Einzige, von der man mir erzählte, als ich mit meinen Nachforschungen begann. Sowohl Journalisten als auch Familien. Ich möchte Sie auch erinnern, dass sie Mitbegründerin des Zentrums zur Prävention, Entradikalisierung und der individuellen Betreuung (CPDSI) ist, das von der Regierung ins Leben gerufen wurde. Ich bin ihr mehrere Wochen gefolgt und habe in ihr eine Frau entdeckt, die sich – man kann fast sagen – für die menschlichen Dramen aufopfert, die sie 24/7 mit den jungen Mädchen teilt, die sie unterstützt und auch die Eltern. Ich habe gesehen, wie nahe es ihr geht, wenn sie spürt, dass ein junges Mädchen in Gefahr und auf dem Absprung ist. Ich sah, wie sie Müttern morgens um zwei antwortete und sich die Zeit nahm, die sie brauchten, um sich zu beruhigen. Ich habe sehr viel Respekt für diese Frau, die ihr eigenes Leben und ihre eigene Sicherheit in den Hintergrund gestellt hat. Ich kenne niemand anderen in so einer Situation.
Bedenkt man Ihren Anspruch auf Wahrhaftigkeit, stellt sich die Frage, warum Sie keinen Dokumentarfilm gemacht haben?
Weil es unmöglich ist. Man kann mit der Kamera keinem jungen Mädchen folgen, das seinen Eltern gegenüber etwas verheimlicht, seiner Schule, seinen Freunden. Man kann diesen Moment nicht festhalten, in dem ein Anwerber sich ein junges Mädchen in der Intimität ihres Zimmers via Facebook oder Instagram schnappt. Das kann man nur rekonstruieren. Wenn es darum geht, ein junges Mädchen, das sich in dieser Grauzone der Entradikalisierung befindet, zu filmen, wenn man
weiß, wie sehr – manchmal auch mit Gewalt – sie alles von sich weisen, was mit Presse, Medien, Kino und Unterhaltung zu tun hat...
Was haben Sie entdeckt, als Sie all diese jungen Leute und vor allem Mädchen getroffen haben?
Wie viele dachte ich, dass das Rekrutieren hauptsächlich auf muslimische Viertel konzentriert ist und mehrheitlich muslimische Familien betrifft. Ich glaubte, und das ist ein sehr weit verbreiteter Glauben, dass man sehr einsam und fragil sein muss, um überhaupt in Versuchung zu kommen, Mitglied des IS werden zu wollen. Diese Profile existieren natürlich, aber sie sind nicht die Mehrheit. In Frankreich sind mehr als die Hälfte der jungen Mädchen, die zum IS konvertieren aus der Mittelschicht oder manchmal sogar Oberschicht. Kinder, die umsorgt werden, die aber gleichzeitig in einer Gesellschaft leben, der es schwer fällt, Platz für die Jugend und ihre Träume zu machen. Welche Utopien bewegen uns denn heute noch? Mit was kann man sich noch identifizieren, welchen Ideen kann man noch zustimmen und für welche auch tatsächlich kämpfen?
Wie genau hat Ihnen eine junge Erwachsene, die selbst zum IS aufgebrochen war und zurückkam, beim Film geholfen?
Sie war durch den gesamten Radikalisierungsprozess gegangen und hatte den Moment erlebt, in dem Religion zum Fanatismus wird. Ich kann leider nicht mehr über sie sagen, da sie nicht erkannt werden möchte. Sie hat mit uns zusammen an dem Film gearbeitet, an allen zentralen Details. Sowohl was das Vokabular der „Verführungs“-Gespräche angeht oder der Einschüchterung und Belästigung, aber auch was die Gestik, die Kleider und die passenden Outfits angeht, wenn man in dem Prozess der Verheimlichung und der Radikalisierung ist. Das war sehr viel wert. Sie hat mir bei manchen Dialogen geholfen, aber auch dabei, Wahrhaftigkeit der Haltungen und des Verhaltens herauszuarbeiten. Sie hat mir zum Beispiel von der rituellen Waschung mit einem Stein erzählt, was ich dann auch in eine Szene des Films integriert habe. Als sie in den Gefängnissen des IS war, hatte sie kein Wasser. Ein Wachmann hat ihr einen kleinen Stein gegeben, der Wasser in Notsituationen ersetzen darf. Es kam auch vor, dass sie mir sagte, dass ein Dialog in einer Szene so nicht stimmte. Sie half meinen beiden jungen Schauspielerinnen Naomi Amarger und Noémie Merlant, Gebete oder Beschwörungen zu lernen. Wir hatten sehr lange und leidenschaftliche Gespräche über den Glauben. Über den Platz des Glaubens, den Platz Gottes in ihrem Leben. Ich habe damit meine Schauspielerinnen genährt, so wie sie es
auch mit ihnen gemacht hat.
Was hat Sie bei all den Erzählungen und Zeitzeugnissen, die Sie während des Drehs gesammelt haben, beeindruckt?
Die Ehrlichkeit der jungen Mädchen. Ihre Intelligenz. Ihr Unwohlsein. Den Unterschied, den es zwischen meinen vorgefertigten Ideen und der Realität gibt. Sie sind ehrlich, wenn sie sich in dieses „Ideal“ der Liebe verlieben, wenn man sie auf einen „Sockel“ setzt. Eine Liebe, die „rein“ und „jungfräulich“ ist. Sie sind ehrlich, wenn sie sagen, dass sie die Welt retten möchten, die Kinder, die von der westlichen Welt aufgegeben wurden. Sie sind sehr bewegend, wenn sie ihre Schwächen zugeben und ihr Leiden. Sie ärgern sich oft über sich selbst, so naiv gewesen zu sein. Sie ärgern sich über sich selbst, sich in ein Hirngespinst verliebt zu haben. Der Weg der Entradikalisierung ist nicht linear. Es gibt Fort- und Rückschritte. Sie kommen zu einem Treffen des „Clubs der Geretteten“ in Jeans und T-Shirt, mit offenen Haaren. Und einen Monat später tragen sie erneut den Hidschab. Und da wo sie friedlich waren, werden sie hysterisch. Der Sand bewegt sich. Ich versuche ihre Widersprüche festzuhalten, ihre Schwierigkeit zurückzukommen, ihre Notwendigkeit sich an ihrem Glauben festzuhalten, aber auch die Beziehung zu ihren Eltern, die kein Wort mehr über Gott und Religion hören wollen. Ich habe eine Sequenz in dem Film, die ein junges Mädchen des CPDSI uns erzählt hatte. Die Szene, in der der Vater die Badezimmertür ausgehängt hatte, weil er nicht wollte, dass seine Tochter ihre Gebete und Reinigungen vornimmt. Diese Entbehrung von Privatsphäre war gewalttätig für sie. Auf der anderen Seite: wie sollte man die Position dieses Vaters, der einen wahren Alptraum erlebt, nicht verstehen. Der Film erzählt von diesem sehr zerbrechlichen Moment der Jugend, in dem man Lust auf Engagement und Reinheit hat und in dem man so gewaltig von einem Extrem zum anderen gelangt, von der Erregung hin zur Depression. Man ist gegen Lehrer, Eltern, gegen alles, was die Autorität repräsentiert. Man widerspricht der Gesellschaft und ihrer fundamentalen Ungerechtigkeit. Es ist nicht ohne Grund so, dass die Anwerber es auf junge Mädchen abgesehen haben. Genau in diesem Alter spüren sie das größte Verlangen nach Idealen.
Ist die Naivität eine Bedingung, um einem „Fänger“ ins Netz zu gehen?
Während ich das Drehbuch schrieb, habe ich auch Psychologen getroffen, um zu erfahren, ob es trotz allem eine Art Prototyp gibt. Und die Antwort ist nein. Es kann oft vorkommen, dass am Anfang eine symbiotische Beziehung zwischen Mutter und Tochter besteht. Aber es heißt auch nicht, weil man solch eine Beziehung zu seiner Tochter hat, dass sie sich rekrutieren lässt! Ja es gibt viele Einelternhaushalte und Mütter, die ihre Kinder allein großziehen. Aber es gibt auch Paare. Wenn das der Fall ist, sind oft die Mütter diejenigen, die bei den Sitzungen zur Entziehung oder für die Folgearbeit präsent sind. Die meisten der jungen Mädchen, die man mir vorgestellt hat, waren gute Schülerinnen. Gut integriert, die manchmal einen Moment der Schwäche erlebt hatten (Trauer, Scheitern, ein zerplatzter Traum). Sie hatten keine solide Gruppe. Aber welcher Teenager hat das schon und fühlt sich nicht mindestens einmal von den anderen verraten? Die Konvertierung zum Islam kommt in der Regel erst ganz am Ende. Ich denke, wenn es das Internet gegeben hätte als ich 15 war, wäre auch ich empfänglich gewesen für einen Diskurs, dessen Absichten humanitärer Natur zu sein scheinen und der vorgibt, fundamentale Ungerechtigkeiten korrigieren zu wollen. Das ist das ganze Problem: es gibt Manipulation und sie ist gefährlich. Die Propagandavideos sind unglaublich gut gemacht und sie beinhalten wahre Elemente. Und leben wir nicht überhäuft von politischen und wirtschaftlichen Skandalen? Welchem Erwachsenen können die Jugendlichen von heute noch vertrauen? Es ist nicht schwer für die
Anwerber eine bezwingende Logik zu entfalten, die auf Wahrem und Falschem basiert. Ich kenne wenige so aktive Gruppen auf Facebook, die solch finanziellen Mittel und Kommunikationstechniken in solch einem Umfang haben.
Wie kamen Sie dazu, den Werdegang von zwei Mädchen erzählen zu wollen?
Einfach weil sie mir sehr nahe stehen. Ich kann mich leichter mit ihren Motiven identifizieren als mit denen von Jungen, die oft extrem verschieden
sind. Und Dounia Bouzar kümmert sich um viel mehr Mädchen als Jungen. Ich wollte wirklich wissen, wie und warum ein junges Mädchen aus einem normalen Milieu Lust haben kann, heutzutage nach
Syrien aufzubrechen. Ich bin Mutter von zwei Kindern. Einer Tochter, die 22 Jahre alt ist, und einem Sohn, der 13 ist. Ich könnte auch eine
der Mütter des Films sein. Die bevorzugten Zielscheiben des IS sind heutzutage Mädchen. Damit sie Kinder bekommen, die den Islamischen Staat bevölkern.
In Ihrem Film sind die Jugendlichen die ganze Zeit online.
Wie auch im Leben! Erwachsenen fällt es ja schon schwer, sich von ihrem Telefon zu trennen, aber für die Jugendlichen ist es noch schlimmer, denn die sozialen Netzwerke beeinflussen ihre Gefühle sehr stark: keine Follower zu haben, keine Likes zu haben, das hat Auswirkungen auf ihren Gemütszustand. Als Mutter eines Teenagers muss ich meinem Sohn manchmal sagen, dass er die Welt auch anders betrachten sollte, als nur durch den Bildschirm seines Telefons. Denn wie soll man die
Welt sonst ändern? Bei Dounia traf ich ein junges Mädchen, das radikalisiert und konvertiert war, in der tiefsten Bretagne, in einem Dorf, in dem es keinen einzigen Moslem gab. Ihre Konvertierung, ihre Radikalisierung, ihr Wunsch nach Syrien auszuwandern (sie hat es vier Mal versucht), alles passierte über das Internet und ihr Telefon. Eltern, die sich dafür interessieren, stellen immer und immer die gleiche Frage: Warum werden diese Videos, die den Bildschirm infizieren, nicht heruntergenommen, sobald man sie entdeckt?
Wie haben Sie Ihre beiden jungen Schauspielerinnen Noémie Merlant und Naomi Amarger gefunden?
Beide haben in DIE SCHÜLER DER MADAME ANNE mitgespielt. Naomi war die gute Schülerin der Klasse. Sie sieht einem der jungen IS-Opfer physisch sehr ähnlich. Naomi verkörpert eine gewisse Reinheit. Sie ist wie ein weißes Blatt. Noémie Merlant hat schon eine schöne Schauspielkarriere und ich denke, sie kann alles spielen und nur durch die Intensität ihres Ausdrucks viel übermitteln. Sie ist sehr stark.
Sandrine Bonnaire und Clotilde Courau spielen die jeweiligen Mütter. Wie kam es dazu?
Ich hatte einen Termin mit Sandrine für DIE SCHÜLER DER MADAME ANNE, der hat aber nie stattgefunden. Es hat mich sehr gefreut, sie wiederzusehen. Sie ist eine Schauspielerin, die der Frau und Mutter in uns ähnelt. Ich mag ihre Wahrhaftigkeit und ihr Engagement. Der Agent von Clotilde Courau hat mir vorgeschlagen, sie zu treffen, als ich nach der Mutter von Mélanie suchte. Sie war direkt von der Rolle ergriffen. Sie sprach die immense Verantwortung gegenüber den Müttern an, die in dieser dramatischen Situation sind. Sie trug diese Mütter mit und in sich während des Drehs. Es war sehr schwer und schmerzhaft für sie. Sie ließ sich komplett leiten. „Ich bin in deinen Händen, ich vertraue dir“, sagte sie zu mir. Dieses Vertrauen war wunderbar.
Da ist dieses schauerliche Bild, in dem Moment, in dem man glaubt, dass Sonia die Eingliederung übersteht: ihre kleine Schwester in ihrem Hidschab vor dem Spiegel. Wie kann man diese Szene interpretieren?
Oft ist es so bei Geschwistern, wenn eines eine intensive dramatische Situation erlebt – Krankheit, Abhängigkeit, Drogen – dann ist dieses Kind das Zentrum aller Aufmerksamkeit. Das Gleichgewicht der Familie kann daran zerbrechen, denn alles ist auf das eine Kind fokussiert. Und
dann besteht auch noch das Risiko des Nachahmungseffekts. Aber was der Spiegel Sonia wirklich zu verstehen gibt, ist, dass sie nie wollen würde, dass ihre Schwester die ganze Gewalt, die sie akzeptiert und erlebt hat, selbst erleben muss. Sie sah die Gefahr nicht, als es um sie selbst ging. Und jetzt sieht sie sie ganz klar.
Wie haben Sie es hinbekommen, dass die Elterngruppe so authentisch wirkt?
Das Schwierige war, etwas Ehrliches mit den Schauspielern zu schaffen. Ich habe sehr viel mit ihnen vorab geredet. Ich habe ihnen Fragen über ihre Persönlichkeit gestellt, über ihre Kinder, falls sie welche haben. Ich wollte wissen, mit welchem Typ Eltern ich sie verbinden konnte. Fühlen sie sich wohler mit Wut, Verweigerung, Scham, Tränen? Ich brauchte diese Elemente, denn ich wollte, dass sie sehr frei improvisieren und reagieren können gegenüber dem, was Dounia sagt, die auch sehr frei in ihrem Text sein sollte. Zusammen haben wir Profile für jeden von ihnen erschaffen. Aber sie durften die Namen ihrer Kinder selbst wählen.
Denken Sie, dass Ihre Figuren wirklich und auf Dauer ihre Beziehung zum IS hinter sich lassen können?
Alle Mädchen, die ich getroffen habe, hatten noch lange danach nostalgische Gefühle für die Gruppe, derer sie Teil waren. Diese Nostalgie für diesen Kokon, in dem sie sich so wohlfühlten, ein Gefühl wie in Zuckerwatte zu stecken. Das ist ein Bild, das eines der Mädchen im CPDSI erwähnt hat. Ich habe die Verbindungen, die ich mit den jungen Mädchen geknüpft habe, nicht abgebrochen. Ich erinnere mich an die Blicke von Passanten auf der Straße, wenn sie den Hidschab trugen. Diese Blicke bestätigten sie oft nur in ihrem Glauben, dass außerhalb der Gruppe keine Rettung existiert. Wenn man einst diesen Traum hatte und der vernichtet wird, was bleibt dann? Ich frage mich, wie man sich rekonstruieren kann, wenn man sich so sehr getäuscht hat, dass man, wenn man zurückkommt, das Gewicht der Blicke der anderen tragen muss? Man muss sich auch die Frage für diejenigen stellen, die den IS verlassen. Gefängnis kann nicht die einzige Lösung sein. Man darf nie die Hoffnung aufgeben, dass sie sich wieder in die Gesellschaft integrieren werden.